Nierentisch

Nierentisch

Wie kein anderes Möbelstück spiegelt der Nierentisch das Lebensgefühl der 50er-Jahre: weg von der Strenge des Nationalsozialismus mit starren Formen, straffer Architektur und Symmetrie bei Deko- und Einrichtungsgegenständen.

Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges atmeten die Menschen auf – auch in ihrem Zuhause. Sie wollten anders wohnen und sich anders einrichten als zuvor. Die „gute Stube“ mit dunklen, massiven Möbeln bestückt und oftmals schwer und düster wirkend, hatte ausgedient. Man wollte auf positive, „schwungvolle“ Weise in die Zukunft blicken. Hell, freundlich, leicht und auch gerne etwas bunter durfte das Wohnzimmer daheim nun sein.

So entstand der Nierentisch, der in erster Linie durch seine Unförmigkeit, durch seine andersartige Optik auffiel. Starre Formen, Ecken und Kanten sucht man hier vergebens. Der Nierentisch ist ganz anders: schwungvoll, asymmetrisch mit drei oder vier schmalen, schräg gestellten, dünnen Beinen. Seine Oberfläche war bunt mit Mosaikmuster oder einfarbig. Typische Begleiter sind Tulpenlampe und Cocktailsessel.

Aber – das muss man auch sagen: nicht alle Menschen konnten den Wunsch der Designer erfüllen und sich gleich nach dem Krieg neu einrichten. Laut einer Umfrage aus dem Jahr 1956 blieben rund die Hälfte der Befragten ihrer klassischen Wohnzimmer-Einrichtung aus Vorkriegszeiten treu, denn: Möbel wurden für’s Leben gekauft und wurden nicht mit wechselnder Mode ausgetauscht. Dennoch setzte sich die neue Leichtigkeit Stück für Stück durch – zu allererst in Haushalten mit gehobenem Bildungsniveau.

Heute ist der Nierentisch ein Design-Klassiker, der seit Jahren ein Revival erlebt, dem natürlich auch der Trendsetter „Ikea“ folgte. Zum 40. Geburtstag des Möbelhauses im Jahr 2014 wurde der Nierentisch in den Katalog aufgenommen.